Auf dem stARTcamp Köln vergangenes Wochenende hatte ich mehrere Sessions angeboten. In den folgenden Tagen möchte ich diese Session noch einmal nacharbeiten. Die Session „Arbeit und Glück“, zu der ich mich mit einer Frage an die Runde dazugesellt habe, werde ich im Blog „Lebendig miteinander Arbeiten“ auswerten. Mit der Session über Crowdfunding werde ich heute beginnen, die Sessions über Scompler und Podcasting werden folgen.
Eine Session über Crowdfunding
Ich beginne mit der Session über Crowdfunding. Bei dieser wollte ich zu Beginn wissen, welche Fragen bestehen und geklärt werden sollen. Folgendes wurden genannt:
- Für welche Art von Projekten ist Crowdfunding geeignet, bzw. welche Projekte kann man über Crowdfunding verwirklichen?
- Crowdfunding für Museen? Geht das?
- Crowdfunding für ein größeres Event?
- Wie ist das mit dem Lokalbezug? Wie notwendig oder nicht notwendig ist dieser?
- Crowdfunding als Teilfinanzierung? Welchen Teil bekomme ich dabei eigentlich am besten über Crowdfunding finanziert?
- Wie kann ich Social Media nutzen? Kontakt aufbauen?
- Wie werden Unterstützer geworben, über welche Kanäle?
- Was ist das mit diesen Gegenleistungen? Wie viel soll man da eigentlich geben? Gerade auch als gemeinnützige Einrichtungen, wie stell ich die Ballance hin, dass es nicht viel Geld ist, aber trotzdem kein Schrott ist?
- Was geben wir zurück, ohne, dass wir da wieder Geld reinstecken?
- Wie schätzt man den Aufwand für ein Crowdfunding Projekt ein und wann ist der Aufwand gerechtfertigt oder eben nicht mehr gerechtfertigt?
- Was sind worst-case? Fallstricke?
Da die Antworten sehr umfangreich sind, werde ich kurzerhand auf jede Frage in einem eigenen Blogbeitrag beantworten und bitte in den Kommentare um weitere Anregungen.
Für welche Art von Projekten ist Crowdfunding geeignet, bzw. welche Projekte kann man über Crowdfunding verwirklichen?
Man kann und sollte dieser Frage über verschiedene Wege begegnen. Ganz profan über Statistik, über die Frage der Motivation für Unterstützer und über die Frage, welche Zielstellung du mit einem Crowdfunding erreichen willst.
Es gibt über Crowdfunding verschiedene Statistiken, ich beziehe mich der Einfachheit halber mal nur auf die Daten, die ich selbst erfasst habe und direkt verlinken kann. Auf der Webseite crowdfunding-sachsen.de erfasse ich sämtliche Crowdfunding Projekte aus Sachsen und hinterlege dabei ein paar wenige Metadaten, die ich wiederum in ein paar Diagrammen für eine Crowdfunding Statistik ausgebe.
Unter allen bisher 642 Crowdfunding Projekten können stand heute (27.09.15) 438 Projekte dem Kulturbereich zugeordnet werden. Mit 68% dominieren Projekte aus dem Kulturbereich. Wichtig: Die Zahlen sind nicht repräsentativ für das gesamte Bundesgebiet. Berlin hat schätzungsweise 5x so viele Projekte wie ganz Sachsen vorzuweisen und zudem eine große Anziehungskraft auf Startups auch abseits ab von Kultur- und Kreativwirtschaft. Crowdfunding ist definitiv fester Bestandteil der Kultur- und Kreativwirtschaft, wie einfach oder schwierig das umzusetzen ist, verraten die Zahlen allein aber noch nicht.
Um etwas über die Qualität einschätzen zu können, lohnt es sich einen Blick darauf zu lenken, was Unterstützer von Crowdfunding Projekten eigentlich motiviert?
- Spaß
- (Selbst)Bestätigung darüber, wie etwas sein oder verändert werden sollte
- Dazugehörigkeit und Gemeinschaftsgefühl
- Gewinn (materiell) und Bereicherung (finanziell)
- gutes Gefühl jemanden geholfen zu haben
- das Stillen der eigenen Unzufriedenheit mit einem Zustand oder einer Situation
- der innere Drang Dinge zu verändern oder Dinge zu schaffen die offenkundig fehlen
- sich selbst über etwas (individuelles) ausdrücken
- selbst kreieren, selbst gestalten, sinnvolles Nutzen der eigenen Zeit
Kannst dir vorstellen, dass du dein Projekt so vermittelt bekommst, dass die Unterstützung Spaß macht, es andere an etwas beteiligt, am dem sie sonst nicht beteiligt wären und gemeinsam etwas entstehen kann, was es so in der Art noch nicht gibt? Dann hast du schon einmal die besten Voraussetzungen. Es müssen nicht immer alle Motive in einer Kampagne berücksichtigt werden, um so mehr Motive man berücksichtigt, um so wahrscheinlicher ist der Erfolg.
Der dritte Aspekt sind die eigenen Zielstellungen. Richtig: Mehrzahl! Über Crowdfunding kann man eben nicht nur das Ziel verfolgen eine Finanzierung für ein Projekt zu stemmen. Da in 99% Crowdfunding eben kein Selbstläufer ist, gehört eine Kampagne für die notwendige Aufmerksamkeit zwingend dazu. In der Regel sind die Wege ganz schnell so vielfältig, dass man PR und Marketing auch gleich als eigene Zielstellung benennen kann.
Eine weitere Zielstellung ist Zusammenarbeit. Mit großer Wahrscheinlichkeit will nicht jeder Unterstützer auch gleich Mitbestimmungsrecht in inhaltlichen Fragen haben, so mancher hätte aber sicher nichts dagegen ein Wörtchen mitreden zu können. Oft taucht dabei die Frage auf, ob man das überhaupt will. Aber drehen wir doch den Spieß um! Eine gute Idee ist ja schon gut, aber Erfolg hat nicht selten etwas mit guter Teamarbeit zu tun.
Crowdfunding ist also nicht nur geeignet, wenn Geld gebracht wird, sondern auch, wenn PR und Marketing für das Projekt oder das Unternehmen wertvoll ist und Teamarbeit nicht nur prinzipiell möglich, sondern sogar erwünscht ist!
Was sind eure Erfahrungen mit Crowdfunding? Für welche Projekte eignet sich Crowdfuding besonders gut und gibt es Ausschlusskriterien oder Bereich, in denen Crowdfunding nur schwer oder gar nicht funktionieren kann?