Mit der heutigen Idee formuliere ich einen Wunsch, an dem ich persönlich sehr gern beteiligt wäre. Der Wunsch geht sogar so weit, dass ich etwas neidvoll nach Leipzig blicke, wo es scheinbar noch etwas mehr Experimentier- und Spielraum für Kreative zu geben scheint.
Türchen #9: Städteübergreifende Begegnungsräume für kreative Menschen
Der Hintergrund: Einsteigen möchte ich in das Thema mit dem Schlagwort Kreativwirtschaft. Wenn ich über Kreativwirtschaft schreibe, verweise ich gern als erstes darauf, dass allein das Wort „Kreativwirtschaft“ irgendwann ausgedacht wurde. Es gibt gewachsene Strukturen, die sich dahinter einreihen, als gemeinsame Branche ist sie aber konstruiert. Laut Wikipedia fand das Konzept der Creative Industries mit 2004 seinen Ursprung in Großbritannien. Eine logische Schlussfolgerung ist, Kreativwirtschaft ist noch immer ein recht junges Gebilde und nach wie vor in der Findungsphase.
Eines der ersten Argumente, warum sich Städte für die eigene Kreativwirtschaft interessieren sollten, ist meist das zu beobachtende starke Wachstum der Branche. Zwischen Findungsphase und Wachstum kann dabei wiederum ein Zusammenhang konstruiert werden. Durch die (immer wieder betonte) Kleinteiligkeit der Branche entsteht Wachstum nämlich nicht nur durch den Ausbau und Erfolg einzelner Spitzenprodukte und -leistungen, sondern auch dadurch, dass sehr viele Einzelakteure immer wieder neu zusammenfinden und sich (temporäre) Netzwerke ausbilden. Wachstum findet also auch und vielleicht sogar im wesentlichen Teil im Long Tail statt.
In der Theorie würde ich schlussfolgern: Hat sich die Kreativwirtschaft erst einmal gefunden und hat sie für sich selbst sehr klar Definitionen etabliert, wo Kreativwirtschaft anfängt und wo sie aufhört, bricht damit schlagartig das Wachstum im Long Tail zusammen. Neues (und zugespitzt formuliert: Kreatives) ist in einer Post-Findungsphase nicht mehr erwünscht, weil dies immer die definierten Schranken infrage stellen muss. Damit einhergehend stagniert das Wachstum oder verkehrt sich ins Negative und fällt als Argument weg.
Glücklicherweise ist die Kreativwirtschaft bereits im Kern mit diversen Unstetigkeiten beseelt, die einer natürlichen Verkrustung vorbeugen. Zu nennen ist das Zusammenspiel von profitorientiertem und nicht profitorientiertem Handeln. Ist beides grundsätzlich möglich, ernähren sich beide Bestrebungen gegenseitig. [1]
Für besonders fruchtbar halte ich daher auch die Idee, die Themen der Kreativwirtschaft noch stärker, als es aktuell in Dresden zu beobachten ist, an die Themen der Stadtentwicklung zu knüpfen. Es geht dabei eben nicht nur um eine Wirtschaftsbranche, die sich mit kreativen Prozessen auseinandersetzt, sondern die kreative Stadt im grüßeren Rahmen. Eine Stadt ist nie fertig und verinnerlicht im Bestfall Entwicklung und Veränderung als permanentes Ziel. Das ist der Gewinn-bringende Teil für die Wirtschaft, die permanente Veränderung als äußeren Impuls braucht (!).
Glücklich können sich daher auch die Städte Bremen, Leipzig und Nürmberg fühlen, die im Modellprojekt koopstadt zusammenfinden durften. In sogenannten Themenfeldern und Projektfamilien findet man dort das Schlagwort Kreativwirtschaft und Akteure wie die bereits in Dresden vorgestellte Bremer ZwischenZeitZentrale wieder. Auch ein Pilotprojekt DI/Industry, das sich mit dem kreativen Potential der Stadt Leipzig auseinandersetzt, ist dort angegliedert.
Betrachtet man diese Projekte als unbeteiligter Dritter, fällt auf, sie sind durchaus gut dokumentiert und im Web abrufbar. Die hier verlinkten Quellen sind nur ein Krümel von allen recherchierbaren Informationen. Allein durch die Masse und die Kleinteiligkeit braucht man allerdings so viel Zeit zum Abrufen der vorhandenen Informationen, dass man sich wünscht, man wäre selbst dabei gewesen. Eine Erkenntnis, die sich zumindest mir dabei aufschlägt: Um selbst davon zu profitieren, kann man sehr gut an Bestehendes anknüpfen, entscheidend ist allerdings auch, eigene Schritte zu gehen.
Die Idee: Dresden sollte eben diese eigenen Schritte für die lokale und regionale Kreativwirtschaft bzw. Kreativszene gehen. Die Verbindung zu Themenbereichen der Stadtentwicklung ist, wie bereits genannt, sinnvoll, weil dort permanent neue Aufgabenstellungen zu finden sind. Begegnung findet auch in Dresden statt, manchmal mehr, wie beispielsweise beim Sichtbetong Camp und manchmal eben weniger. Ein gezielter Austausch mit Kreativakteuren aus anderen Städten in anderen Städten und vor Ort, stellt definitiv eine Bereicherung dar.
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